VR-Ö – Ein DJ bloggt über neuen Gema-Tarif

Oups, da war noch etwas. Es ist bereits April. Wollte die Gema nicht bis zum 1. April 2013 die VR-Ö ändern. In Zukunft sollen wir DJs eine Gebühr für alle Songs zahlen müssen, die wir zum Auflegen in einer Discothek vorhalten.
Diese Diskussion im Vorfeld habe ich schon nicht verstanden. Also wartete ich ab, flog zur WMC nach Miami und vergaß diesen Aufreger.

Und heute: Oups, da war doch noch etwas.
Also lese ich mir die FAQ-Dokumente, Beispiel-Fallbeschreibungen und die VR-Ö selbst durch.

Sorry, ich kapiere es nicht!
Nenne mich blöd. Aber ich verstehe diese VR-Ö Regelungen der Gema nicht.

Muss ich mich mich anmelden?
Alle Songs, die ich spiele, kaufe ich bei Beatport, Traxsource, iTunes, Juno oder auf CD sowie Vinyl. -> Nach meinem Verständnis der VR-Ö, muss ich damit nichts lizensieren. Oder etwa doch?

Bei meinen Gigs spiele ich Musik von diesen Tonträgern:
– Vinyl
– CD (original)
– CD, selbsterstellte Sampler, alle Songs habe ich von Original-CDs gerippt und danach als neue Zusammenstellung gebrannt
– CD, selbsterstellt, die Lieder stammen von den oben genannten Online-Musikläden
– USB-Stick, alle Dateien stammen von den oben genannten Online-Musikläden

Ich klaue keine Musik! Und zwar aus diesen Gründen:
– Ich achte die Rechte der Komponisten, Sänger, Produzenten, Songwriter. Sie sollen weiter großartige Musik machen, die ich als DJ spielen kann.
– 1,56 Euro/1,99 Dollar sind ein Klacks und eine Betriebsausgabe
– Viele Songs spiele ich seit Jahrzehnten. Über diesen Zeitraum amortisieren sich selbst Vinyl-Maxis für die ich 50 Euro bezahle.
– Mit dem Auflegen verdiene ich etwas Geld. Über meine bewusste Kaufentscheidung gebe ich eine Stimme dafür ab, welche Lieder ich für gut erachte.

Das Kopien-Verständnis-Problem
Für eine Kopie auf den USB-Stick oder im lokalen NAS muss ich nichts lizensieren. Soll ich ausholen? Denn mein NAS hat vier Festplatten, die unter RAID-5 laufen.

Wenn ich einen Song in der Cloud speichere, ist es plötzlich eine Kopie. Wo bitte liegt der Unterschied, ob die Festplatten bei mir im Keller stehen, oder die Festplatten von Amazon-S3 irgendwo in der Weltgeschichte herumgeschoben werden? Also mehr virtuell betrachtet.
Werden DJs an dieser Stelle verdächtigt, ihre Dropbox-Accounts untereinander zu teilen?
Ich könnte jedermann einen VPN-Zugang auf mein NAS einrichten …

Die 50 Euro Hürde

Bei der Diskussion erinnerte ich mich an 13 Cent, der Mal pro Song veranschlagt wurde.
Damals dachte ich noch. Wow, wie unterscheide ich zwischen Songs, die ich für die öffentliche Aufführung vorhalte und Songs, die ich zwar kaufe, aber vermutlich nie live spielen kann.

In der neuen Fassung gibt es immer noch die 13 Cent, die ich pro Veranstaltung sogar einzeln abrechnen könnte. Aber diese Idee wäre wirtschaftlicher Schwachsinn, wenn ich die Pauschale von 50 Euro für 500 Songs pro Jahr bezahle. Das würde 10 Cent pro Song für ein ganzes Jahr entsprechen.
Die genaue Anzahl der Lieder, die ich pro Jahr kaufe, muss ich erst noch ermitteln …

Fürs Erste müsste ich mir keine weiteren Gedanken machen, wenn ich 125 Euro für alle Lieder bis zum 1.4.2013 bezahle. Und für dieses Jahr 50 Euro als Pauschale berappe.
Der Gedanke ist verlockend. Meine Gehirnwindungen müssten sich nicht weiter mit abstrusen Regelungen beschäftigen. Zum Beispiel könnte ich Musik hören oder Auflegen.

Aber halt mal! Muss ich diese 50 Euro überhaupt bezahlen?
Wenn ich recht überlege: Nein, denn alle meine Songs sind bereits für die öffentliche Aufführung lizensiert.
Wirklich alle? Wie steht es mit der einen französischen Sampler-CD, die ich vor vier Jahren aus der Schweiz kaufte.
Und dann kaufte ich einen Song bei einem Österreichischen Online-Händler. Ich gehe davon aus, er zahlte Ordnungsgemäß Abgaben an die lokale Verwertungsgesellschaft. So, jetzt kommt der tricky part an dieser Bestellung. Ich musste eine Adresse auf Ibiza angeben, weil das Plattenlabel den Vertrieb nur für Spanien erlaubt hat. Habe ich für Mendoza Del Rio damit auch für die Aufführungsrechte in Deutschland bezahlt?
Vielleicht sollte ich doch lieber meine 50 Euro bezahlen. Und einfach die Klappe halten.
Stattdessen fällt mir auf, dass die Domain vr-ö.de frei ist. Dieser Gelegenheit konnte ich einfach nicht widerstehen.
Also starte ich eine Webseite über meine Erlebnisse zum neuen Gema-Tarif VR-Ö aus DJ-Perspektive.

Mein Angebot an alle DJs in Deutschland:
Hast du eine Frage zu VR-Ö. Ok, formulieren wir es anders. Welche hundert Fragen hast du zu dem Tarif?
Schreibe etwas in den Kommentaren. Ich werde versuchen das Juristen-Deutsch in konkrete Tipps zu übersetzen.

Der Ablass-Handel

Jetzt mal eine ganz ketzerische Frage, die mir durch den Kopf schoss.
Für 50 Euro pro Jahr fragt mich niemand mehr nach dem Ursprungsort einer Song-Datei.

ist egal, ob ich das Lied kaufe oder ob die Datei von einem dubiosen DJ-MP3-Blog stammt.

wäre doch jeder DJ bescheuert, wenn er die Dateien noch bei Beatport kauft.
Werden Raubkopien damit legalisiert? Bekomme ich die Absolution der Gema für 50 Euro pro Jahr – aufgepasst, nächstes Jahr werden es 55 Euro, wenn du den Vertrag schon heute unterschreibst.

Die Backup-Situation

tbc.

Vergütungssätze und Vervielfältigungsrechte für meine Musiksammlung